Amtsärztliche Untersuchung: Was kommt auf mich zu?

Der Gang zum Amtsarzt ist das A und O bei der Frage nach der Dienstunfähigkeit.

Ein Beamter ist verpflichtet, sich nach Weisung seiner Behörde einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, wenn Zweifel an seiner Dienstfähigkeit bestehen. Das gilt gemäß § 44 Abs. 6 und § 48 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG).
Amtsärztliche Untersuchung - Dr. Schlegelmilch & Collegen – Fachanwälte für Beamtenrecht

Muss ich zum Amtsarzt?

Die an einen Beamten gerichtete Aufforderung, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, um seine Dienstfähigkeit zu überprüfen, unterliegt formellen und inhaltlichen Anforderungen. Diese betreffen die Angabe der Gründe, aus denen sich die Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten ergeben, und die Bestimmung von Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung. Diese Anforderungen können vom Dienstherrn nur nach dem ihm vorliegenden Erkenntnisstand erfüllt werden. Hat die Behörde keinerlei weitergehende Erkenntnisse als die, dass und in welchem Umfang der Beamte krankheitsbedingte Fehltage aufweist, kann sie auch nur dies als Grund für ihre Zweifel an der dauernden Dienstfähigkeit des Beamten anführen sowie Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung nicht näher eingrenzen (BVerwG Beschl. v. 16.05.2018 – 2 VR 3.18).

Wie kann ich gegen eine Untersuchungsanordnung vorgehen?

Eine Untersuchungsanordnung zur Feststellung der Dienstfähigkeit eines Beamten im Rahmen eines Zurruhesetzungsverfahrens ist gem. § 44 a VwGO nicht isoliert angreifbar, sondern – falls der Beamte der Anordnung nicht folgt – nur im Rahmen des (Eil- oder Klage-)Verfahrens gegen die nachfolgende Zurruhesetzungsverfügung (inzidenter) gerichtlich überprüfbar (BVerwG, Beschl. v. 14.03.2019 – 2 VR 5.18). Erweist sich hierbei die Untersuchungsanordnung als rechtswidrig, ist es auch die Zurruhesetzungsverfügung. An der Nichtbefolgung einer rechtmäßigen Untersuchungsanordnung hingegen hat der Beamte kein schützenswertes Interesse und bedarf insoweit auch keines isolierten Rechtsschutzes. Zwar hat der Beamte das „Prognoserisiko“: Wenn er zu Unrecht die Rechtswidrigkeit der Untersuchungsanordnung annimmt, droht ihm wegen des Rechtsgedankens des § 444 ZPO oder wegen einer entsprechenden landesgesetzlichen Regelung die Klage- bzw. Antragsabweisung bezüglich der Zurruhesetzungsverfügung. Wenn sich der Beamte der geforderten Untersuchung aber unterzieht, ist der hierin liegende Grundrechtseingriff nicht mehr rückgängig zu machen und das Untersuchungsergebnis unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsaufforderung verwertbar (BVerwG Beschl. v. 16.05.2018 – 2 VR 3.18).

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Psychiatrische Untersuchung

Nicht ohne weiteres kann aber der Dienstherr eine psychiatrische Untersuchung anordnen. Hier gelten strengere Maßstäbe. Eine solche in die Grundrechte eingreifende Maßnahme ist nur gerechtfertigt, wenn deutliche Anhaltspunkte für eine im geistigen, nervlichen oder seelischen Bereich begründete Dienstunfähigkeit des Beamten sprechen und diese denn auch zureichend in der Anordnung dokumentiert sind.  

Wer hat Vorrang: der Amtsarzt oder der Privatarzt? 

Nach wie vor haben die Feststellungen des Amtsarztes Vorrang vor jeglichen Befundberichten und Bescheinigungen des behandelnden Haus- oder Facharztes. Differieren die Ergebnisse von Amtsarzt einerseits und privat konsultierten Arzt andererseits, so hat sich der Amtsarzt mit der entgegenstehenden Auffassung des privatärztlichen Befundberichtes auseinanderzusetzen und ist in der Dokumentationspflicht, weshalb der dem privat konsultierten Arzt nicht folgen will (BVerwG Urt. vom 11.10.2006 – 1 D 10.05). In der Regel genießt also die  medizinische Beurteilung eines Amtsarztes oder eines von ihm hinzugezogenen Facharztes  für die Entscheidung über die aktuelle Dienstfähigkeit (Arbeitsfähigkeit) eines Beamten eingeschränkten Vorrang vor der medizinischen Beurteilung des Privatarztes, wenn beide hinsichtlich desselben Krankheitsbildes inhaltlich voneinander abweichen (BVerwG Urt. vom 11.10.2006 – 1 D 10.05). Dieser Vorrang gilt aber beispielhaft nicht für im Auftrag der Postnachfolgeunternehmen tätigen Betriebsärzte, da deren Neutralität und Unabhängigkeit nicht durch Rechtsnormen begründet und gewährleistet ist (BVerwG Beschl. v. 15.02.2010 – 2 B 126/09). Interne Regelungen der Unternehmen genügen daher nicht. Es besteht kein Grund, der im Auftrag eines privatwirtschaftlich tätigen Unternehmens erstellten Beurteilung eines Betriebsarztes einen anderen Stellenwert als derjenigen des behandelnden Privatarztes zuzuerkennen, selbst wenn der Betriebsarzt als Gutachter zugelassen ist (BVerwG Beschl. v. 15.02.2010 – 2 B 126/09; BVerwG Urt. vom 05.06.2014 – 2 C 22.13).

Diese Besonderheit wird in der fortschreitenden Privatisierung oft verkannt und die Beamten um ihre Rechte gebracht. Prüfen Sie also genau, wer Sie hinsichtlich der Frage der Dienstfähigkeit begutachtet.

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Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass für bestimmte Beamtengruppen (beispielhaft Feuerwehrbeamte etc.) eine besondere Dienstfähigkeit vom Amtsarzt festzustellen ist, der dann auch nach § 48 BBG grundsätzlich Fachgutachter zu beauftragen hat.

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